Offener Brief der SPD Kreistagsfraktion an den Landrat des Landkreises Tirschenreuth Roland Grillmeier von Fraktionsvorsitzenden Uli Roth
Sehr geehrter Herr Landrat,
im Auftrag aller SPD-Kreisrätinnen und Kreisräte richte ich diesen offenen Brief an Sie, in dem einige Sorgen unserer SPD-Fraktion im Hinblick auf die aktuellen – inzwischen seit einer Woche anhaltend hohen – Besorgnis erregenden Corona-Fallzahlen im Landkreis zum Ausdruck gebracht werden.
Wir erachten es als dringend erforderlich, dass alle Kreisrätinnen und Kreisräte besser in die Informationspolitik des Landkreises und der Verwaltung eingebunden werden.
Wir fanden es nicht besonders gut, wenn zum Beispiel bei der nicht erfolgten Öffnung der Schulen für Wechselunterricht in den Abschlussklassen sehr spät eine Information über die Presse erfolgte.
Hier waren für benachbarte Landkreise über Zeitung und Radio entsprechende Meldungen deutlich früher ausgesendet, als in unserem Landkreis. In solch einem Fall wäre es angebracht, eine derartige Entscheidung auch an die gewählten Vertreterinnen und Vertreter des Kreistags (z.B. durch eine kurze Email) zu senden.
Des Weiteren kritisieren wir den aktuellen Umgang mit öffentlicher Meinungsäußerung über die facebook-Seite des Landkreises. Wer solch eine Seite als Medium unterhält, muss mit Kommentaren – ja, auch mit Kritik! - rechnen. Es ist kein gutes Zeichen von transparenter Information, wenn Einträge und Kommentare mit dem Verweis darauf, dass man nicht alle Kommentare beantworten könne, einfach gelöscht werden.
Vielmehr muss dieses Medium nach unserer Überzeugung dazu genutzt werden, der breiten Bevölkerung (die u.a. über diesen Kanal sicher erreicht wird) die aktuellen Entwicklungen und Maßnahmen zu erklären und um Verständnis für alle angeordneten Maßnahmen zu werben.
Der aktuell für viele Menschen unerklärliche, überproportional starke Anstieg der Corona-Fallzahlen erfordert nach unserer Meinung ein derartiges Erklären.
Die Menschen in unserem Landkreis, die zunächst seit Mitte November im „Lockdown light“, dann ab Mitte Dezember im harten Lockdown mit zunächst 5 Personen Besuchsrecht und aktuell nur mehr einer Person als Kontaktbeschränkung leben, mit nächtlicher Ausgangssperre ab 21 Uhr, 15-km-Radius-Regel und FFP2-Maskenpflicht – diese Menschen wollen erklärt haben, wo die Ursachen liegen, dass trotz dieser einschneidende Maßnahmen (an die sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung im Landkreis hält) bei uns die Zahlen nicht sinken, sondern so auffällig ansteigen.
Wir fordern eine bessere Einbindung der Fraktionen (informell) in die Strategie, was als nächstes bei der Bekämpfung der Pandemie im Landkreis passiert! Wir sehen kaum Möglichkeiten, bei der breiten Bevölkerung die „Zügel noch stärker anzuziehen“.
Die Fraktionen und der Kreistag sollten nicht darauf angewiesen sein, auf der Homepage des Landkreises nachzulesen, was gerade Aktuelles beschlossen wird, um das weitere Ansteigen der Corona-Fallzahlen in den Griff zu bekommen.
Nach unserem Dafürhalten scheint es neben den schon bestehenden, auch sehr gut funktionierenden Testzentren notwendig zu sein, dass eine flächendeckende Testung mit Schnelltests im Landkreis passiert ... (auch unter Einbeziehung von Sammelunterkünften, Alten- und Pflegeheimen und Firmen).
Beispielhaft dafür sind andere Landkreise, die damit gute, inzwischen auch spürbare Erfolge erzielen konnten.
Beispiel Landkreis Pfaffenhofen: https://www.landkreis-pfaffenhofen.de/alle-meldungen/im-landkreis-gehen-sechs-schnelltestzentren-in-
betrieb/
Aufgrund der hohen Inzidenzwerte im benachbarten Tschechien sollte der Zeitraum für einen aktuellen Test für berufliche Grenzpendler von derzeit 48 h auf 24 h gesenkt werden und die Firmen, die auf diese Arbeitskräfte angewiesen sind, müssen streng angehalten werden, die Kontrolle der Tests und deren Ergebnisse zu dokumentieren.
Bei diesen beiden letzten Punkten, Schnelltests und noch engere Kontroll-Zeiträume, könnte es evtl. notwendig sein, dass der Landkreis auch vom Freistaat unterstützt wird: personell und auch finanziell.
Seit vergangenen Sonntag wurde von Bürgern beobachtet, dass die tschechischen Testpersonen oft nicht allein in Waldsassen oder Tirschenreuth waren. Es waren teilweise Begleitpersonen und ganze Familien mit dabei. Diese Begleitpersonen und Familienmitglieder haben sich dann an öffentlichen Plätzen versammelt und mit auch anderen tschechischen Personen, die teilweise in der Region wohnen, getroffen. Ein derartiges Verhalten sorgt bei den Menschen, die so etwas beobachten und dann auch weiter in die Bevölkerung tragen, für Unmut und viel Ärger. Solche Einzelfälle sind für die einheimische Bevölkerung nicht verständlich und lassen das Verständnis für alle Maßnahmen generell sinken.
Und noch zwei Ideen / Anregungen:
1. Es wäre evtl. zu prüfen, ob es nicht angebracht wäre, den tschechischen Grenzpendlern hier im Landkreis in Pensionen eine Unterkunft anzubieten. Dann gäbe es während der Woche keine weiteren Kontaktmöglichkeiten zu tschechischen Mitbürgern. Unterkünfte stehen genug frei, an den Mietkosten sollten sich die betroffenen Firmen (zumindest anteilig) beteiligen. Ein ähnliches Modell gab es schon während der 1. Lockdown-Phase im Frühjahr. Die Arbeiter haben dann nicht die langen Anfahrtswege von zu Hause, sondern nur noch die Wege zum täglichen Schnelltest.
2. Der Landkreis WUN stellt ab 08.02. vergünstigte Taxi-Fahrten und neue Anrufbuslinien zur Verfügung, um v.a. ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger zuverlässig über ÖPNV-Möglichkeiten zu den Impfzentren zu bringen. Hier schlagen wir vor, ähnliche Konzepte unter Einbeziehung unseres BAXI zu überlegen und schnellstmöglich anzubieten.
Quelle: facebook-Seite Landkreis WUN
Bei aller Kritik möchte ich es aber nicht versäumen, auch all denen zu danken, die sich Tag für Tag mit vollem Einsatz und voller Hingabe der Bekämpfung dieser Pandemie widmen.
Ob Haupt- oder Ehrenamtliche: hier wird zweifelsohne eine gute Arbeit geleistet –unsere Gedanken zielen aber darauf ab, mitzuhelfen, noch besser zu werden ... auf dass die Fallzahlen im Landkreis schnell wieder sinken und ein bisschen Perspektive auf „normales Leben“ möglich wird!
Mit freundlichen Grüßen,
gez.
Uli Roth
Fraktionssprecher